Heute gedenken wir der Opfer des Nationalsozialismus.

Dieser Tag mahnt uns, niemals zu vergessen, wohin Hass, Menschenverachtung und ideologischer Fanatismus führen können. Es ist unsere Verantwortung, die Erinnerung wachzuhalten und aus der Geschichte zu lernen.

Gerade heute – in einer Zeit, in der Demagogen, rechtsradikale Strömungen, menschenfeindliche Ideologien und machthungrige Akteure wieder erstarken – müssen wir wachsam sein. Es ist unsere Pflicht, laut und klar für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz einzustehen.

Erinnern heißt Handeln – damit sich die Schrecken der Vergangenheit niemals wiederholen.

Mehrere Vertreter unseres Ortsverbands haben in Husum und Friedrichstadt den Opfern mit einer feierlichen Kranzniederlegung gedacht.

Hier die bewegende Rede, die Tobias zum Gedenken am Mahnmal gehalten hat:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben uns am Gedenkstein für die jüdischen Opfer aus Friedrichstadt versammelt, um den Holocaust-Gedenktag zu begehen. Dieser Tag ist allen Opfern des nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungswahns gewidmet.

Sich der gedemütigten, geschundenen und ermordeten Menschen zu erinnern – der Juden, der Sinti und Roma, der Homosexuellen, der politisch Verfolgten – ist unsere menschliche Pflicht. Denn Mitleid, die Fähigkeit, mitzufühlen und mitzuleiden, ist das Fundament der Humanität.

Wir können das Jahrhundertverbrechen, diesen ungeheuren Zivilisationsbruch der Nazi-Herrschaft über Europa, nicht ungeschehen machen. Aber wir können und müssen den Opfern ihre Ehre und Würde als Mitmenschen zurückgeben. Sie müssen einen festen Platz in unserem kollektiven Gedächtnis haben.

Es wird immer schwer sein, die richtigen Worte zu finden angesichts des systematischen Völkermords. Doch nur wer sich noch empören kann über Erniedrigung, Qualen und Tod unschuldiger Menschen, wird dem Vermächtnis der Opfer gerecht.

Dieses Vermächtnis ist vor allem ein Auftrag:

  • Es darf nie wieder zu einem Holocaust kommen.
  • Wir müssen allen Anfängen wehren.
  • Wir müssen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in jeder Form bekämpfen.
  • Wir müssen uns gegen Kräfte stellen, die Demokratie und Rechtsstaat missbrauchen oder gar zerstören wollen.

Solche Bekenntnisse dürfen keine leeren Worte bleiben. Der Ungeist von damals besteht fort und breitet sich weiter aus. Als „in Teilen rechtsextrem“ eingestuft, nimmt die AfD heute an Wahlen teil. Ihre Kanzlerkandidatin kann ungestraft behaupten, Hitler sei ein Kommunist gewesen, und ihre Mitglieder gewinnen zunehmend Einfluss in ostdeutschen Gemeinden.

Kritik an Gedenktagen und die Notwendigkeit des Erinnerns

Oft wird uns vorgeworfen, Gedenktage wie dieser seien bloße Rituale, der Political Correctness geschuldet. Es heißt, man solle endlich aufhören, in der Vergangenheit zu wühlen. Doch ohne Erinnerung an diese schändliche Vergangenheit und an die Opfer eines menschenverachtenden Systems wird sich rechtes Gedankengut weiter ausbreiten und unsere Demokratie vergiften.

Mehr als 60 jüdische Menschen, die in Friedrichstadt geboren wurden oder hier lebten, wurden in der NS-Zeit ermordet. Wir wissen, dass es Schuld und Schuldige auch in unserer Stadt gab und dass die meisten wegsahen – aus Angst, aus Gleichgültigkeit oder aus antisemitischer Gesinnung.

Nach dem Krieg wollte man lange nichts vom Holocaust wissen. Erst in den 1970er Jahren begannen Einzelne, sich mit diesem dunklen Kapitel der Friedrichstädter Geschichte auseinanderzusetzen.

Das Gedenken in Friedrichstadt

Die Stadt Friedrichstadt und ihre Bürger leisten heute einen Beitrag zur Erinnerung an die Opfer:

  • Zwei Gedenksteine vor der ehemaligen Synagoge und dem alten jüdischen Friedhof erinnern an sie.
  • 30 Stolpersteine weisen auf einzelne Opfer der NS-Zeit hin.
  • In der ehemaligen Synagoge dokumentiert eine Ausstellung das Schicksal der Friedrichstädter Juden.
  • Mehrere Publikationen erforschen und dokumentieren die jüdische Geschichte Friedrichstadts.

Dennoch können und wollen wir auf Gedenkstunden wie diese nicht verzichten:

  • Den Opfern zur Ehre.
  • Uns und künftigen Generationen zur Mahnung und zum Ansporn, für eine freie und tolerante Gesellschaft einzustehen.

Abschließende Worte

Lassen Sie mich mit den Worten von Jerry Sperlings Titel „Remembering That Night“ schließen:

Als die dunkle Nacht im Reich begann,regierte Gewalt unangefochten.Zwei Tage des Brennens, Misshandelns, Plünderns, Tötens.Jüdische Friedhöfe, Krankenhäuser, Schulen und Häuser.Polizei und Feuerwehr schauten einfach zu.Die Nachbarn verschlossen die Türen und ließen die Rollos herab.Jüdische Geschäfte wurden geschlossen.Kinder von ihren Spielplätzen verbannt.Unfähig, Schulen zu besuchen, isoliert von der deutschen Gesellschaft.Ausgangssperren wurden verhängt.So war die Kristallnacht, die Nacht des zerbrochenen Glases.Und so erinnern wir uns an den 9. November 1938.

Wenige Überlebende können heute noch ihre Geschichten erzählen. Hört sie alle, sie lebten den Horror.
Lasst uns lernen und nichts wiederholen.
Hört und lernt: Niemals wieder!

Es gilt das gesprochene Wort.